Ethikkodex der Arbeitsmedizin[1]

Der Ethik-Kodex der Arbeitsmedizin wurde am 8. November 2022 vom Vorstand der DGAUM in vorheriger Abstimmung mit dem Präsidium des VDBW und dem Vorstand des BsAfB verabschiedet.

 

Präambel

 

Dieser Ethikkodex richtet sich an alle mit arbeitsmedizinischen Aufgaben betraute Personen. Darunter sind neben Ärzt:innen und den in medizinischen Assistenzberufen Tätigen auch die mit arbeitsmedizinischen Fragen befassten Personen der verwandten Fachdisziplinen der Lebens- und Naturwissenschaften miteingeschlossen.

Das Gebiet der Arbeitsmedizin umfasst als präventivmedizinisches Fach die Wechselbeziehungen zwischen Arbeits- und Lebenswelten sowie Gesundheit und Krankheiten. Im Mittelpunkt stehen der Erhalt und die Förderung der physischen und psychischen Gesundheit sowie der Erhalt und die Förderung der Beschäftigungs- und Leistungsfähigkeit der arbeitenden Menschen. Dazu gehören

  • die Beurteilung der Arbeitsbedingungen (Gefährdungsbeurteilung),
  • die Vorbeugung, Erkennung, Behandlung und Begutachtung arbeits- und umweltbedingter Risikofaktoren, Erkrankungen und Berufskrankheiten,
  •  die Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefährdungen, inkl. individueller und betrieblicher Gesundheitsberatung,
  • die Vermeidung von Erschwernissen und Unfallgefahren,
  • die berufsfördernde Rehabilitation,
  • Entwicklung von und Beteiligung an Konzepten zur Gesundheitsförderung im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements.

Die Arbeitsmedizin stützt sich auf eine ganzheitliche Betrachtung des arbeitenden Menschen unter Berücksichtigung von somatischen, psychischen und sozialen Aspekten sowie von Belastungen am Arbeitsplatz und dadurch entstehender Beanspruchungen.

 

Die Ziele der Arbeitsmedizin bestehen in der Förderung und der Erhaltung von Gesundheit, der Früherkennung und Prävention von arbeitsassoziierten Gesundheitsbeeinträchtigungen und der Mitwirkung beim Erhalt und der Wiederherstellung der Gesundheit sowie der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit des Menschen.

Als akademische Disziplin ist die Arbeitsmedizin Teil der Wissenschaft. Sie untersucht auf der Grundlage wissenschaftlich begründeter Methoden gesundheitliche Aspekte von Arbeit und arbeitsassoziierter Gesundheitsstörungen unter anderem durch arbeitsmedizinisch-toxikologische, -epidemiologische und -psychosoziale Forschung. Ebenso sucht und fördert sie den akademischen Austausch mit anderen Wissenschaftsdisziplinen und nutzt deren Methoden und Erkenntnisse. Darüber hinaus transferiert die Arbeitsmedizin die gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Arbeitswelt, um daraus einen Mehrwert für die Beschäftigten und die Unternehmen zu generieren.

Arbeitsmedizinische Erkenntnisse spielen auch eine wichtige Rolle bei der Etablierung eines ganzheitlichen betrieblichen Gesundheitsmanagements, das jenseits rein arbeitsassoziierter Gesundheitsstörungen, auch die präventivmedizinisch bedeutsame Dimension der betrieblichen Gesundheitsförderung miteinschließt und systematisch umsetzt. Arbeitsmediziner:innen sind damit auch wichtige Ansprechpartner:innen in allen Gesundheitsfragen und erfüllen eine sektorenübergreifende Lotsenfunktionen innerhalb der Systeme der sozialen Sicherung.

 

Dieser Ethikkodex soll keine konkrete ethische Handlungsanleitung für jede möglicherweise problematische berufliche Situation formulieren. Vielmehr soll der Ethikkodex der einzelnen Person Orientierung bieten und Handlungsoptionen darlegen, mittels derer ethische Problemstellungen im eigenen Aufgaben- und Verantwortungsbereich identifiziert und analysiert werden können und dafür Lösungswege aufzeigen. Dieser Ethikkodex versteht sich dabei als grundlegend in der Zusammenarbeit aller Beteiligten im Bereich Arbeitsmedizin und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz.

 

Der Ethikkodex verdeutlicht die Verantwortung der die Arbeitsmedizin tragenden Gesellschaften in der Unterstützung des Einzelnen. Er gilt ebenso für traditionelle wie auch für digitale Anwendung digitalisierter Versorgungsformen (z. B. e-health, elektronische Patientenakte, Telemedizin, Videosprechstunde).

 

 

Art. 1 Auftrag der Arbeitsmedizin

 

Die in der Arbeitsmedizin Tätigen wirken aktiv auf eine gesundheitsgerechte Gestaltung der Arbeit und ein gesundheitsorientiertes Verhalten der Beschäftigten hin.

Sie arbeiten dabei mit den Führungskräften und Beschäftigten, dem Betriebs- oder Personalrat, staatlichen Aufsichtsorganen, der gesetzlichen Unfallversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und politischen Gremien zusammen, um Krankheiten im Kontext der Arbeit vorzubeugen, zu heilen und zu lindern sowie deren Ursachen und Wirkungen besser zu verstehen und Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich zu gestalten.

Hierbei wirken sie zusammen mit anderen betrieblichen und außerbetrieblichen Akteuren, die für den Arbeits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz relevant sind, wie beispielweisen den Kolleg:innen der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung, der Verfahrens- und Sicherheitstechnik, dem Planungsingenieurwesen und der arbeitsmedizinischen Forschung.

Dabei stehen die Förderung der Gesundheit, die Primär- (Schadensverhütung), Sekundär- (Schadensbegrenzung/Früherkennung) und Tertiärprävention (Rehabilitation) sowie die Sicherheit am Arbeitsplatz für die ihnen anvertrauten Beschäftigten im Mittelpunkt aller ihrer Bemühungen.

Unter Einbeziehung der physischen, psychischen und psychosozialen Gesundheit wird der Mensch stets ganzheitlich betrachtet.

 

 

Art. 2 Medizinethische Selbstverpflichtung

 

Alle mit arbeitsmedizinischen Aufgaben betrauten Akteure sowohl in Wissenschaft und Praxis als auch in der akademischer Lehre bzw. der Aus-, Fort- und Weiterbildung verpflichten sich, die international allgemein anerkannten ethischen Fundamente, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland formuliert sind, unbedingt zu wahren sowie die speziellen ethischen Prinzipien der Medizin in ihrem beruflichen Handeln sorgfältig zu beachten. Es gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz[2].

 

 

Art. 3 Fachkompetenz

 

Die in der Arbeitsmedizin Tätigen erwerben als Voraussetzung für verantwortungsvolles berufliches Handeln ihre Fachkompetenz nach dem Stand von Wissenschaft und Technik[3], entwickeln diese ständig weiter und erkennen die Grenzen ihrer Kompetenz. Sie berücksichtigen die aktuellen medizinischen und ethischen Leitlinien und Ergebnisse der evidenzbasierten Medizin.

 

Arbeitsmediziner:innen führen Online-Beratungen (Videosprechstunden, ggf. arbeitsmedizinische Vorsorgen usw.) nach den Grundsätzen der ärztlichen Berufsordnung durch und kennen auch bei einer teilweise durchgeführten Online-Beratung die Arbeitsplätze aus eigener Anschauung.

Die arbeitsmedizinische Betreuung der Beschäftigten und der Betriebe erfolgt aufgrund der Gefährdungsbeurteilung situationsgerecht und weisungsfrei. Rechtsgrundlage für die Positionierung bildet das Arbeitssicherheitsgesetz (ASIG).

 

 

Art. 4 Qualitätssicherung

 

Die in der Arbeitsmedizin Tätigen sind für die Qualitätssicherung aller von ihnen erbrachten Leistungen verantwortlich. Hierdurch ist sichergestellt, dass die Beratung der von ihnen betreuten Beschäftigten und Unternehmen unter Berücksichtigung der relevanten gültigen Leitlinien, aktuellen fachlichen Standards und neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgt. Empfehlungen zu Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention werden auf der Grundlage der bestmöglichen verfügbaren Evidenz ausgesprochen und ggf. durchgeführt. Abweichungen hiervon sind zu begründen. Vor der Durchführung körperlicher oder klinischer Untersuchungen sowie von Präventionsmaßnahmen hat der arbeitsmedizinisch Tätige deren Erforderlichkeit nach pflichtgemäßem ärztlichem Ermessen zu prüfen und den oder die Beschäftigten über die Inhalte, den Zweck, den Nutzen sowie die Risiken aufzuklären. Zur Sicherung der Qualität des arbeitsmedizinischen Handelns bilden sich die in der Arbeitsmedizin Tätigen regelmäßig fort und suchen den fachlichen Austausch.

 

 

Art. 5 Befundweitergabe und Fürsorge

 

Die zu betreuenden Klienten:innen bzw. Patientinnen und Patienten sind über die ärztlichen Untersuchungen umfassend zu informieren, die Ergebnisse sind ihnen mitzuteilen. Alle Akteure in der Arbeitsmedizin, inklusive der Mitglieder im Assistenzpersonal unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Alle achten auf die Vertraulichkeit der ihnen anvertrauten Informationen und beachten den Datenschutz insbesondere auch der höchstpersönlichen Gesundheitsdaten der Klienten:innen. Eine Weitergabe von Informationen erfolgt nur bei ausdrücklicher Zustimmung der betreuten Person.

 

 

Art. 6 Kommunikative Kompetenz

 

Die in der Arbeitsmedizin Tätigen sind bereit, die Rechte und Interessen der verschiedenen betroffenen Personen und Institutionen zu verstehen, zu berücksichtigen und in interdisziplinären Arbeitsschutzgremien mitzuwirken. Sie stellen medizinische Zusammenhänge allgemeinverständlich dar und wirken durch Mediation bei Interessenskonflikten. Sie informieren sowohl über ihre Erkenntnisse als auch über die Art und Weise, in der gewährleistet wird, dass die Rechte der Beschäftigten in der betrieblichen Prävention berücksichtigt werden.

 

 

Art. 7 Rechtskompetenz

 

In der Arbeitsmedizin Tätige kennen die für ihren Aufgaben- und Verantwortungsbereich geltenden rechtlichen Regelungen, beachten diese bei ihrem beruflichen Handeln und wirken darüber hinaus auch an ihrer Weiterentwicklung mit.

Grundsätze, Vorschriften oder Anweisungen, die die mit ihren Aufgaben oder den Prinzipien dieses Ethikkodex unvereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können, erkennen sie nicht an und wirken dort, wo dies notwendig ist, auf deren Veränderung aktiv hin. Sie dürfen hinsichtlich ihrer ärztlichen Entscheidungen keine fachlichen Weisungen von nichtärztlich Tätigen entgegennehmen.

 

 

Art. 8 Soziale Verantwortung

 

Alle Akteure in der Arbeitsmedizin reflektieren die voraussichtlichen Folgen ihres beruflichen Handelns im Hinblick auf mögliche individuelle und gesellschaftliche Auswirkungen. Im Vordergrund steht hierbei die Gesundheit jener Menschen, die sich ihnen anvertrauen. Wirtschaftliche Erwägungen haben keinen Vorrang vor Sicherheit und Gesundheit. Soweit Arbeitsmediziner:innen an Entscheidungen in Unternehmen oder in Gremien mit Relevanz für die Gesundheit von Beschäftigten beteiligt werden, übernehmen sie eine Mitverantwortung für diese Entscheidungen.

 

 

Art. 9 Organisationsstrukturen und Beteiligung

 

Die Akteure in der Arbeitsmedizin treten aktiv für Organisationsstrukturen und Möglichkeiten zur Diskussion ein, welche die Übernahme individueller und gemeinschaftlicher Verantwortung ermöglichen. In betreuten Unternehmen beziehen Arbeitsmediziner:innen die Belegschaft und ihre gewählten Vertretungen aktiv in die Weiterentwicklung der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention ein. Sie fördern die Zusammenarbeit mit Betriebsleitungen, Sicherheitsfachkräften sowie Betriebs- und Personalräten zur Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen. Sie tragen dafür Sorge, dass Arbeitsprozesse und Arbeitsergebnisse systematisch im Hinblick auf ethische Leitlinien überprüft werden.

 

 

Art. 10 Aus-, Weiter- und Fortbildung

 

Arbeitsmediziner:innen, die in der Aus-, Weiter- und Fortbildung tätig sind, vermitteln ihre Kenntnisse und Fertigkeiten bezüglich arbeitsbedingter Einflüsse auf die Gesundheit, bereiten die Lernenden auf deren individuelle und gemeinschaftliche Verantwortung in der Arbeitsmedizin vor und sind selbst Vorbild. Alle Akteure in der Arbeitsmedizin erweitern ihren eigenen Wissensstand durch regelmäßige Fortbildungen und eignen sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Kenntnisse bzw. Fertigkeiten sowie für ihr Aufgabengebiet relevante gesetzliche Verordnungen an.

 

 

Art 11. Delegation

 

Eine Delegation arbeitsmedizinischer Leistungen unterliegt der Verantwortung der delegierenden Arbeitsmediner:innen. Es gelten die allgemeinen Anforderungen an die Delegation aus dem ärztlichen Berufsrecht. Für die Delegation an Fachkräfte mit abgeschlossener, sie dazu befähigender Ausbildung in einem Fachberuf im Gesundheitswesen ist die Feststellung der formalen Qualifikation und die Überprüfung der Qualität der erbrachten Leistungen erforderlich. Erfolgt die Delegation an Personen, die nicht über eine abgeschlossene Ausbildung in einem Fachberuf des Gesundheitswesens verfügt, die die zu delegierende Leistung einschließt, ist die Eignung zu prüfen (Auswahlpflicht). Es besteht eine Anleitungs- und eine Überwachungspflicht der Delegierenden, die sowohl beinhaltet, die jeweiligen Akteure zur selbstständigen Durchführung der zu delegierenden Leistung anzulernen, als auch die Leistungserbringung zu überwachen. Eine Delegation kann nur erfolgen, wenn der Arzt eine Weisungsbefugnis gegenüber den Akteuren hat, die delegierbare Aufgaben übernehmen.

 

 

Art. 12 Forschung

 

In der Arbeitsmedizin ärztlich Tätige halten die allgemeinen Regeln des guten wissenschaftlichen Arbeitens ein und bringen ihre fachlichen Erkenntnisse in die Arbeitswelt ein.

Insbesondere sind präventiv und therapeutisch nutzbare medizinische Daten sowohl in der betriebsärztlichen Praxis als auch von arbeitsmedizinisch wissenschaftlichen Einrichtungen systematisch zu erheben und auszuwerten, die daraus gewonnenen Erkenntnisse der Allgemeinheit zugänglich zu machen und in die Politikberatung einzubringen. Dies erfordert sowohl eine Kooperation zwischen präventiver und kurativer Medizin als auch eine breite Kooperation mit anderen Fachdisziplinen. Auf eine effiziente Umsetzung der Erkenntnisse ist hinzuwirken. Sammeln und Erhebung auch zur anonymisierten Auswertung und Weitergabe von Daten bedarf der Zustimmung der Dateninhaber:innen, soweit dies nicht anderweitig rechtlich geregelt ist[4].

 

Wissenschaftliches Arbeiten in der Arbeitsmedizin macht sich die Grundprinzipien der Wissenschaft zu eigen. Grundlage dafür sind neben Offenheit und Transparenz, die Fähigkeit zur Äußerung und Akzeptanz von Kritik sowie die Bereitschaft, die Auswirkungen der eigenen wissenschaftlichen Arbeit im Forschungsprozess zu thematisieren und zu hinterfragen[5]. Forschungsvorhaben von Ärztinnen und Ärzten sind vor Durchführung der zuständigen medizinischen Ethikkommission zur Beurteilung vorzulegen.

Für Grenzwertsetzung und Normung sind die vorstehenden Grundsätze hinsichtlich Forschung ebenfalls zu Grunde zulegen.

 

 

Art. 13 Arbeitsverhältnisse und Interessenkonflikte

 

Alle Akteure in der Arbeitsmedizin gehen nur Arbeitsverhältnisse ein, in denen sie ihre Aufgaben entsprechend ihrer fachlichen und ethischen Prinzipien sowie den bestehenden rechtlichen Vorgaben durchführen können. Eine Ethik-Klausel soll Gegenstand des Arbeitsvertrages sein und sich an den Prinzipien dieses Ethikkodex orientieren.

Die in der Arbeitsmedizin ärztlich Tätigen sind dazu verpflichtet, Interessenskonflikte, die ihre unabhängige Aufgabenwahrnehmung tangieren, den Betroffenen gegenüber anzuzeigen. Solche möglichen Interessenkonflikte können unter anderem in der Begutachtung, in der Leitlinienarbeit, in der Grenzwertfestsetzung, bei Vorträgen und Publikationen sowie in der Gremienarbeit und bei der Erarbeitung von Empfehlungen bestehen. Bei kollidierenden Interessen, die die ärztliche Neutralitätsverpflichtung verletzten könnten oder die medizinische Betreuung von Klient:innen insgesamt beeinflussen könnten, sind die relevanten Tätigkeiten an nicht weisungsgebundene Kolleg:innen abzugeben.

 

 

Art. 14 Zivilcourage

 

Alle Akteure in der Arbeitsmedizin handeln in Situationen, in denen die an sie gestellte Anforderungen in Konflikt mit medizinischen und ethischen Leitlinien stehen können, unter Aufgebot ihres Fachwissens und von Zivilcourage.

 

 

 


[1] Der Begriff „Arbeitsmedizin“ wird in diesem Ethikkodex als übergeordneter Begriff für die medizinische Betreuung von Beschäftigten verwendet und umfasst auch vollumfänglich die Bereiche der betriebsärztlich bzw. werksärztlich tätigen Ärzt:innen.

[2] Insbesondere die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, verkündet am 10. 12. 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034). Ferner die Musterberufsordnung für Ärzte, Weltärztebund: Deklaration von Genf 1948/1994), Weltärztebund: Deklaration von Helsinki „Ethische Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen“ 1964/2004, Weltärztebund: Erklärung zum Verhältnis von Ärzten und Wirtschaftsunternehmen, Tokio 2004, Weltärztebund: „Erklärung zu Sicherheit am Arbeitsplatz“ Budapest 1993, „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Artikel 19 Abs. 10 des Gesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840)“.

[3] Das Bundesverfassungsgericht hat den Begriff „Stand von Wissenschaft und Technik“ in mehreren Grundsatzentscheidungen in drei Stufen konkretisiert:

1. Stufe: Allgemein anerkannte Regeln der Technik:
Eine Regel ist dann allgemein anerkannt, wenn sie der herrschenden Meinung der Angehörigen eines Fachgebiets entspricht und dies auch dokumentiert ist. Eine starke Vermutung für die allgemeine Anerkennung besteht, wenn z. B. DIN- oder ISO-Normen für das Problem existieren.

2. Stufe: Stand der Technik:
Die notwendigen Maßnahmen orientieren sich am technisch Machbaren, auch wenn dies über das Übliche hinausgeht.

3. Stufe: Stand von Wissenschaft und Technik:
Geboten ist, was nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen für erforderlich gehalten wird. Das jeweils Erforderliche wird also nicht durch das technisch gegenwärtig Machbare begrenzt.

[4] Für die Arbeitsmedizin gilt, dass eine individuelle Einwilligung von Beschäftigten zur Speicherung arbeitsmedizinischer Daten weder in der EU noch in Deutschland erforderlich. Grundlage dafür ist das ASiG, § 3 Abs.2 regelt die Auswertung von Daten im Arbeitsschutz und die DGSVO, Art. 9 Abs. 2 h die Dokumentation von im arbeitsmedizinischen Kontext erhobenen Daten.

[5] Gutes wissenschaftliches Arbeiten erfordert die Einhaltung der folgenden Normen:

  • Skeptizismus: Jede wissenschaftliche Hypothese muss angezweifelt werden und gilt so lange als fragwürdig, bis alle erdenklichen Einwände dagegen geprüft und verworfen worden sind.
  • Universalismus: Wahrheitsansprüche dürfen nur für Aussagen erhoben werden, die auf der Grundlage allgemein geltender Prüfkriterien aufgestellt wurden.
  • Neutralität: Forschende müssen den Inhalt ihrer Forschungsergebnisse gegenüber insofern indifferent sein, als dass sie keine Präferenz für die Bestätigung oder Widerlegung der eigenen Hypothese haben dürfen.)