Ethikkodex der Arbeitsmedizin

Überarbeitung des Ethikkodex

Tempora mutantur, nos et mutamur in illis: Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen, diese Weisheit wusste man bereits im 16. Jahrhundert vor dem Hintergrund geschichtlicher Umbruchserscheinungen und -erfahrungen in der Gelehrtensprache des Lateinischen zu fassen. Was damals galt, gilt heute nicht weniger: Auch wir sind Veränderungen ausgesetzt, die unsere Erfahrungs- und Bewusstseinswelten verändern. Insofern war es an der Zeit, auch den im Jahr 2009 verabschiedeten und veröffentlichten Kodex der Arbeitsmedizin einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Im Vorstand der DGAUM wurde dazu bereits im Frühjahr 2021 eine Arbeitsgruppe aus arbeitsmedizinisch tätigen Wissenschaftlern sowie betriebsärztlich arbeitenden Praktikern etabliert. In mehreren Online-Meetings standen insbesondere folgende Punkte im Fokus:

  •  Herausarbeitung des Beratungsauftrages der in der Arbeitsmedizin Tätigen, insbesondere Betriebsärzte, gegenüber den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern.
  •  Einbeziehung moderner Technologien wie z.B. Telemedizin oder E-Health in den Ethikkodex.
  • Zusammenarbeit an den Schnittstellen zur kurativen Medizin.
  • Berücksichtigung der Aspekte Qualitätssicherung in der arbeitsmedizinischen Versorgung sowie „quartäre Prävention“.
  • Reflexion der arbeitsmedizinischen Begutachtung als „Pflicht“ der Arbeitsmedizin

Die Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe wurde dann im Frühjahr 2022 dem Vorstand der DGAUM zur weiteren Bratung übergeben. Nach der intensiven Diskussion dort war es dann ein Anliegen, diesemit dem VDBW und dem BsAfB fortzuführen. Dies ist inzwischen erfolgt. Von allen Vorstandsgremien der arbeitsmedizinischen Verbände ist der Ethikkodex inzwischen verabschiedet, so dass die Information der (Fach-)Öffentlichkeiten nunmehr erfolgen kann.

Auf einen Aspekt sei hier ganz besonders hingewiesen: Artikel 12 des Kodex gilt dem Umgang mit Daten auch zu Forschungs- oder anderen Dokumentationszwecken. Eine Frage, die vor allem seit Inkrafttreten der sog. DSGVO nicht einer gewissen Brisanz entbehrt, da auch auf dieser Ebene im Datenaustausch zw. Organisationen und Institutionen das Recht jedes Einzelnen auf die informationelle Selbstbestimmung über Daten geschärft wurde. Für die Arbeitsmedizin gilt, dass eine individuelle Einwilligung von Beschäftigten zur Speicherung arbeitsmedizinischer Daten weder in der EU noch in Deutschland erforderlich, soweit hierzu das jeweilige nationale Arbeitsschutzrecht konkrete Regelungen enthält. Dies ist in Deutschland eindeutig der Fall: Bereits das ASiG regelt in § 3 Abs.2, die Auswertung von Daten im Arbeitsschutz und DGSVO Art.9 Abs. 2 h die Dokumentation von im arbeitsmedizinischen Kontext erhobenen Daten. Ohne diesen Kontext könnte aus Art. 12 des neuen Ethikkodex evtl. die irrtümliche Schlussfolgerung gezogen werden, dass in der Arbeitsmedizin nur Daten ausgewertet dürfen, die mit ausdrücklicher Erlaubnis des Individuums “, also der Dateninhaber:innen”, erhoben wurden. Das ist aber keineswegs der Fall. Darauf verweist der Halbsatz am Ende des Satzes: „Sammeln und Erhebung auch zur anonymisierten Auswertung und Weitergabe von Daten bedarf der Zustimmung der Dateninhaber:innen, soweit dies nicht anderweitig rechtlich geregelt ist.“

Zusammen mit den Mitgliedern in der Arbeitsgruppe und den Mandatsträgern im Vorstand der DGAUM sind wir gespannt, wie vor allem die arbeitsmedizinischen Fachöffentlichkeiten den neuen Kodex beurteilen. Lassen Sie uns doch Ihre Meinung schriftlich wissen. Einfach eine E-Mail an gs@noSpam.dgaum.de Vielen Dank!

Für die Mitglieder der DGAUM-Arbeitsgruppe „Ethikkodex Arbeitsmedizin“

Dr. phil. Thomas Nesseler

Hauptgeschäftsführer DGAUM

 

 

Mitglieder der DGAUM-Arbeitsgruppe „Ethikkodex Arbeitsmedizin“

  • Prof. Dr. med. Thomas Kraus,
    Universitätsklinikum Aachen
  • Prof. Dr. med. Dipl.-Ing.
    Stephan Letzel,
    Universitätsmedizin Mainz
  • Dr. phil. Thomas Nesseler,
    DGAUM, München
  • Prof. Dr. med. Dennis Nowak,
    Klinikum der LMU, München
  • Dr. med. Andreas Tautz,
    DPDHL, Bonn