Leitlinien spielen in der Medizin eine große Rolle. Zur Klärung bestimmter medizinischer Fragestellungen werden diese vor allem von Ärzten und Zahnärzten, aber auch von Patienten und deren Angehörigen genutzt. Im Gegensatz zu Richtlinien sind Leitlinien nicht bindend, sondern die in ihnen formulierten Empfehlungen müssen vom Arzt jeweils mit Blick auf die individuelle Situation betrachtet werden.
Aufgrund der fehlenden Normierung kann die Qualität von Leitlinien sehr unterschiedlich sein. In Deutschland hat die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) jedoch in ihrem Leitlinien-Regelwerk (AWMF 2012) Qualitätskriterien für Leitlinien definiert, die mit dem Deutschen Leitlinien-Bewertungs-Instrument (DELBI) überprüft werden können.
Innerhalb der DGAUM werden bereits seit vielen Jahren Leitlinien zu arbeitsmedizinischen und umweltmedizinischen Sachverhalten erarbeitet. Darüber hinaus beteiligt sich die DGAUM auch an Leitlinien, die unter der Federführung anderer Fachgesellschaften erstellt werden (z. B. Nationale Versorgungsleitlinien, Tabakabhängigkeit). Der Arbeitskreis Leitlinien berät den Vorstand der DGAUM insbesondere auch bei der Auswahl geeigneter Leitlinien-Themen, wobei die Häufigkeit oder Bedeutung von Fragestellungen in der betriebsärztlichen bzw. umweltmedizinischen Praxis wesentliche Kriterien darstellen. Die unter Federführung der DGAUM erstellten Leitlinien lassen sich grob vier Gruppen zuordnen:
1. Diagnostik und Begutachtung von Berufskrankheiten (z. B. asbestbedingte Erkrankungen)
2. Betriebsärztliche Tätigkeit bzw. arbeitsmedizinische Vorsorge bei „Arbeiten unter Einwirkung von Gefahrstoffen“ (z. B. Blei, Quecksilber)
3. (Diagnostische) Verfahren (z. B. Bestimmung der Herzratenvariabilität, Oberflächenelektromyographie)
4. Bewertung besonderer Gefährdungen (z. B. Klima, Händigkeit)
Publizierte Leitlinien unter Federführung der DGAUM:
Arbeiten unter klimatischen Belastungen
Gesundheitliche Aspekte und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit
Händigkeit - Bedeutung und Untersuchung
Diagnostik und Begutachtung asbestbedingter Berufskrankheiten
Arbeitsplatzbezogener Inhalationstest (AIT) - specific inhalation challenge (SIC)
Oberflächen-Elektromyographie in der Arbeitsmedizin, Arbeitsphysiologie und Arbeitswissenschaft
Publizierte Leitlinien unter Beteiligung der DGAUM:
Medikamentöse Postexpositionsprophylaxe (PEP) nach HIV-Exposition
Durchführung des Epikutantests mit Kontaktallergenen und Arzneimitteln
Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms
Funktionelle Körperbeschwerden
Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Nierenzellkarzinoms
Allgemeine Grundlagen der medizinischen Begutachtung
Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut
Screening, Diagnostik und Behandlung alkoholbezogener Störungen
Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren
Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen (LONTS)
Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Asthma
Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung
Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) COPD
Medikamentenbezogene Störungen
Fachärztliche Diagnostik und Therapie von Asthma
Lungenfunktionspruefungen in der Arbeitsmedizin (Gültigkeit abgelaufen, keine Aktualisierung geplant, relevante Inhalte finden sich in Leitlinie Spirometrie 020-017)
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bei Belastung durch atembaren alveolengängigen Staub (A-Staub **) (wird nicht aktualisiert)
Messung des Fettgehaltes des menschlichen Körpers (wird nicht aktualisiert)
Blutdruckmessung in der Arbeitsphysiologie (wird nicht aktualisiert)
Arbeit unter Einwirkung von Lärm (Arbeitsbedingte Schädigungen durch Lärm) (wird nicht aktualisiert)
Umweltmedizinische Leitlinie Acrylamid (wird nicht aktualisiert)
Umweltmedizinische Leitlinie Auswirkungen des Wetters auf die menschliche Gesundheit (wird nicht aktualisiert)
Umweltmedizinische Leitlinie Quecksilber (wird nicht aktualisiert)
Arbeit unter klimatischer Belastung: Hitze
Arbeit unter klimatischer Belastung: Kälte
Arbeit unter klimatischer Belastung: Isolierende Schutzkleidung als Sonderfall einer Hitzebelastung
Gemäß der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) ist Biomonitoring Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge, soweit dafür arbeitsmedizinisch anerkannte Analysenverfahren und geeignet Werte zur Beurteilung zur Verfügung stehen. Die Arbeitsmedizinische Regel „Biomonitoring“ (AMR 6.2) konkretisiert die Anforderungen, die aus der ArbMedVV resultieren: „Für die Durchführung der Analytik gelten die allgemeinen Anforderungen an die Kompetenz der Laboratorien. Wenn der Arzt oder die Ärztin im Rahmen des Biomonitorings analytische Leistung in Anspruch nimmt, hat er oder sie sich davon zu überzeugen, dass das von ihm oder ihr beauftragte Laboratorium über die entsprechende Fachkunde und apparative Ausstattung verfügt und Methoden zur Qualitätssicherung nach dem Stand der Technik einsetzt.“
Lange bevor die Aufgaben der Arbeitsmedizinerin bzw. des Arbeitsmediziners hinsichtlich des Biomonitoring durch die ArbMedVV und der AMR 6.2 konkretisiert wurden, war sich die DGAUM den Anforderungen, die den Kolleginnen und Kollegen im Rahmen des Biomonitorings gestellt werden, bereits bewusst. Ebenso war man sich der Konsequenz bewusst, dass für die arbeitsmedizinischen Biomonitoringparameter, die grundsätzlich nicht von dem Leistungsspektrum der allgemeinen klinischen Diagnostik abgedeckt werden und somit auch nicht Bestandteil der Qualitätssicherungsprogramme der klinischen Chemie sind, ein eigenes Qualitätssicherungsprogramm benötigt wird.
Bereits 1982, und damit kurz nach der Ableitung und Veröffentlichung der ersten Biologischen Arbeitsstoff-Toleranzwerte, wurde deshalb der erste Ringversuch für Biomonitoringlaboratorien im Auftrag der DGAUM durchgeführt. Darin wurden die Qualitätsüberwachung für 10 Metalle und 2 Parameter für organische Belastungen in Urin angeboten. Im darauffolgenden Jahr wurde das Parameterspektrum bereits erweitert und auch die Qualitätssicherung für die Bestimmung von drei Metallen in Blut angeboten. Seitdem haben sich das Parametersprektrum sowie die Ausrichtung des Qualitätssicherungprogrammes weiter verändert. Markante Veränderungen waren dabei die Erweiterung des Angebotes auf Parameter im umweltmedizinischen Konzentrationsbereich im Jahre 1992 sowie die Internationalisierung des Programmes. Mit der globalen Ausrichtung erhielt das Ringversuchsprogramm den Namen „German External Quality Assessment Scheme“ (GEQUAS) und baute ein eigenes englischsprachiges Web-Portal auf, über welches Informationen bekannt gegeben werden, Teilnehmer ihre Bestellungen abgeben und schließlich auch ihre Ergebnisse einreichen.
Nach der Arbeitsmedizinischen Regel 6.2 „Biomonitoring“ kann die Ärztin bzw. der Arzt „davon ausgehen, dass die von einem externen Laboratorium ermittelten Ergebnisse valide sind, wenn dieses Laboratorium ein gültiges Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme an entsprechenden Ringversuchen zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. nachweisen kann.“
Aktuell bietet das GEQUAS-Programm halbjährlich Ringversuche für 153 Biomonitoringparameter an. Daran nehmen jeweils über 200 Laboratorien aus allen Erdteilen teil, etwa ein Viertel davon aus Deutschland. Informationen zu dem Programm sowie zu den Toleranzbereichen, die in aktuellen Ringversuchen von den Teilnehmern eingehalten werden müssen, um ein Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme zu erhalten, finden Sie auf der Seite der German External Quality Assessment Scheme for Analyses in Biological Materials unter www.g-equas.de.
Prof. Dr. med. Susanne Völter-Mahlknecht
Charité-Universitätsmedizin Berlin
Tel.: +49 (0) 30 / 450 529-587
Fax: +49 (0) 30 / 450 529-952
Email: leitlinien@dgaum.de
Die 1962 gegründete AWMF ist das Netzwerk der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland und berät über grundsätzliche und fachübergreifende Fragestellungen in der wissenschaftlichen Medizin. mehr...
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